Und das,
obwohl die Toffees wie die Feuerwehr loslegten. Von Beginn weg nagelten sie die
Hausherren in deren eigener Hälfte fest. Verschnaufpausen konnten sich die
Spurs nur durch unkontrollierte Befreiungsschläge verschaffen, die aber
fünfzehn Sekunden später wieder ins das für die Spurs gefährliche Drittel
retourniert wurden. Nach vierzehn Minuten gelang Kevin Mirallas per
gefühlvollem Schlenzer von der linken Strafraumecke ins rechte Kreuzeck der
verdiente Führungstreffer. Nachdem die Freistoßflanke von Baines aus dem
Strafraum geköpfelt wurde, eroberte der Belgier den zweiten Ball. Eine
taktische Eigenheit mit der die Gäste aus Liverpool mit Fortdauer der Partie
zunehmend zu kämpfen bekamen.
Schnell
in die Spitze
Die Spurs
änderten ihre Ausrichtung und attackierten Everton nun bereits im
Mitteldrittel; ihr Konterspiel hielten sie aufrecht. Durch den ersten Schuss
auf Tim Howard gelang den Gastgebern prompt der Ausgleich. Baines schlägt den
Ball lang in die Sturmspitze, da der anlaufende Kane den Passweg auf den sich
kurz anbietenden Barry geschickt verhindert. Allerdings landet der Ball bei Vertonghen.
Nach der Balleroberung ging es wie geplant schnell. Hier wird erneut der lange
Ball von Baines tragend, da auf Grund des kurzen Anbietens von Barry die
Staffelung der Toffees im Zentrum in dieser Situation zu große Abstände
aufweist. Barry versucht per Sprint die Lücke auf Besic zu schließen, der
wiederum fünfzehn Meter hinter Eto’o versucht irgendwie das Zentrum zu sichern.
So können die Spurs mit drei schnellen Kurzpässen die komplette Zentrale von
Everton überspielen, wodurch der Ball zu Kane gelangt. Baines steht nach seinem
misslungenem Flugball immer noch zu weit außen vom Rest der Viererabwehr, Barry
hechelt wiederum in die andere Richtung hinterher und der hüftsteife Distin
kommt mit der plötzlichen Richtungsänderung Kanes nach innen nicht zu recht.
Dessen Schuss kann Howard noch parieren, Eriksen ist aber der schnellste am
zweiten Ball und verwertet zum Ausgleich.
Der
letzte Pass
Nach dem Ausgleich,
verloren die Toffees den Faden. Sie zogen sich zunehmend in ihre eigene Hälfte
zurück, begegneten den Spurs aber mit aggressivem Mittelfeldpressing. Trotz 61
Prozent Ballbesitz war Everton selten in der Lage, gefährliche Torchancen zu
kreieren. Eto’o der hinter Lukaku zentral im offensiven Mittelfeld agierte,
nahm zu selten am Spielgeschehen teil; seine Laufwege erinnerten eher an seine
übliche Position als Mittelstürmer. So war es vorwiegend der junge Ross
Barkley, der sich in der Offensive zerriss und gefühlt bei jedem Angriff seine
Füße im Spiel hatte. In Ballbesitz pflegte Everton einen geordneten, aber
oftmals behäbigen Spielaufbau. Tottenham war so in der Lage sich ohne großen
Druck zu organisieren. Pochettino veranlasste zwei massive Viererketten, welche
für Evertons Offensivspiel zu unüberwindbaren Barrieren werden sollten. Die
üblichen Analogien vom Handball wurden ersichtlich als Martinez’ Mannen 25
Meter vor dem Kasten von Hugo Lloris den Ball vom rechten Flügel, über die
Zentrale auf den linken Flügel und wieder zurück kreisen ließen. Antritte in
die Tiefe, flottes Kombinationsspiel oder Eins-gegen-Eins-Situationen (mit
Ausnahme von Ross Barkley), um den Spurs-Beton zum Bröckeln zu bringen, waren
Mangelware.
Immer
diese Konter
Auch der
zweite Treffer der Spurs fiel durch einen Konter. Barry ist aus unerfindlichen
Gründen im Mittelfeld zu lange am Ball. Ein Blick auf die Uhr verrät, dass die
Nachspielzeit nur noch 15 Sekunden gehen sollte. Insofern zwei Möglichkeiten:
Der Sicherheitspass nach hinten, den Kane aber durch geschicktes Anlaufen
antizipiert, oder ein langes Zuspiel in die Spitze um entweder noch eine Chance
zu kreieren, aber zumindest keine Gefahr mehr vor dem eigenen Tor zuzulassen.
Folglich verliert der ehemalige Nationalspieler die Kugel an den aggressiven
Kane. Und dann geht’s wieder schnell. Kane, Soldado, Eriksen, Lennon (mit Ball)
und Mason sprinten im höchsten Tempo auf das Innenverteidigerduo
Distin-Jagielka. Die breit stehenden und aufgezogenen Baines (links) und
Coleman können nicht mehr eingreifen. Die Spurs nutzen die Überzahl und Soldado
netzt zum ersten Mal seit März.
Planlos
Der
Vorsprung spielt Tottenham in die Karten. Im zweiten Durchgang lässt Mauricio
Pochettino die beiden Viererketten den Gegner erst 30 Meter vor dem eigenen
Gehäuse attackieren. Der zu bespielende Raum wird für ideenarme Toffees umso
enger. Der Ire McGeady und Everton-Urgstein Osman sollen für frischen Schwung
sorgen, spielen aber zusammen in der verbleibenden halben Stunde 32 Pässe. Zwar
finden 27 davon ihren Adressaten, im Angriffsdrittel werden davon allerdings nur
vier in Richtung Tor und zu einem Mitspieler gespielt. Insgesamt gehen sogar 12 Zuspiele zurück.
Ein
weiteres Beispiel ist die Schussbilanz der Toffees. Von den insgesamt zehn Schüssen
wurden nur drei innerhalb des Strafraumes abgefeuert. Sturmspitze Lukaku zog
zwei von dreimal von zwanzig Meter oder einer noch ferneren Distanz ab. Im
Strafraum gelang dem Belgier nur ein Abschluss. Der rote Strich beinahe ins Seitenaus war im übrigen der einzige „Torschuss“ von Samuel Eto'o.
Conclusio
Die Spurs
mit der reiferen Spielanlage. Trotz des frühen Rückstandes ließen sie sich
nicht beirren und vertrauten auf ihre Stärken. Das überfallartige Umschaltspiel
nach Balleroberung, was unpopulär ausgedrückt nichts anderes als Kontern ist,
kam hervorragend zur Geltung. In Halbzeit Zwei hatten die Spurs nicht zu
befürchten, Everton zahnlos und lahm wie ein alter Dackel. Im Gegenteil hatte
Tottenham durch weitere Konter über Kane und den eingewechselten Lamela eine
noch höhere Führung am Fuß.
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