Montag, 1. Dezember 2014

Spurs 2-1 Everton: Die reifere Spielanlage führte zum Sieg

Und das, obwohl die Toffees wie die Feuerwehr loslegten. Von Beginn weg nagelten sie die Hausherren in deren eigener Hälfte fest. Verschnaufpausen konnten sich die Spurs nur durch unkontrollierte Befreiungsschläge verschaffen, die aber fünfzehn Sekunden später wieder ins das für die Spurs gefährliche Drittel retourniert wurden. Nach vierzehn Minuten gelang Kevin Mirallas per gefühlvollem Schlenzer von der linken Strafraumecke ins rechte Kreuzeck der verdiente Führungstreffer. Nachdem die Freistoßflanke von Baines aus dem Strafraum geköpfelt wurde, eroberte der Belgier den zweiten Ball. Eine taktische Eigenheit mit der die Gäste aus Liverpool mit Fortdauer der Partie zunehmend zu kämpfen bekamen.

Schnell in die Spitze
Die Spurs änderten ihre Ausrichtung und attackierten Everton nun bereits im Mitteldrittel; ihr Konterspiel hielten sie aufrecht. Durch den ersten Schuss auf Tim Howard gelang den Gastgebern prompt der Ausgleich. Baines schlägt den Ball lang in die Sturmspitze, da der anlaufende Kane den Passweg auf den sich kurz anbietenden Barry geschickt verhindert. Allerdings landet der Ball bei Vertonghen. Nach der Balleroberung ging es wie geplant schnell. Hier wird erneut der lange Ball von Baines tragend, da auf Grund des kurzen Anbietens von Barry die Staffelung der Toffees im Zentrum in dieser Situation zu große Abstände aufweist. Barry versucht per Sprint die Lücke auf Besic zu schließen, der wiederum fünfzehn Meter hinter Eto’o versucht irgendwie das Zentrum zu sichern. So können die Spurs mit drei schnellen Kurzpässen die komplette Zentrale von Everton überspielen, wodurch der Ball zu Kane gelangt. Baines steht nach seinem misslungenem Flugball immer noch zu weit außen vom Rest der Viererabwehr, Barry hechelt wiederum in die andere Richtung hinterher und der hüftsteife Distin kommt mit der plötzlichen Richtungsänderung Kanes nach innen nicht zu recht. Dessen Schuss kann Howard noch parieren, Eriksen ist aber der schnellste am zweiten Ball und verwertet zum Ausgleich.

Der letzte Pass
Nach dem Ausgleich, verloren die Toffees den Faden. Sie zogen sich zunehmend in ihre eigene Hälfte zurück, begegneten den Spurs aber mit aggressivem Mittelfeldpressing. Trotz 61 Prozent Ballbesitz war Everton selten in der Lage, gefährliche Torchancen zu kreieren. Eto’o der hinter Lukaku zentral im offensiven Mittelfeld agierte, nahm zu selten am Spielgeschehen teil; seine Laufwege erinnerten eher an seine übliche Position als Mittelstürmer. So war es vorwiegend der junge Ross Barkley, der sich in der Offensive zerriss und gefühlt bei jedem Angriff seine Füße im Spiel hatte. In Ballbesitz pflegte Everton einen geordneten, aber oftmals behäbigen Spielaufbau. Tottenham war so in der Lage sich ohne großen Druck zu organisieren. Pochettino veranlasste zwei massive Viererketten, welche für Evertons Offensivspiel zu unüberwindbaren Barrieren werden sollten. Die üblichen Analogien vom Handball wurden ersichtlich als Martinez’ Mannen 25 Meter vor dem Kasten von Hugo Lloris den Ball vom rechten Flügel, über die Zentrale auf den linken Flügel und wieder zurück kreisen ließen. Antritte in die Tiefe, flottes Kombinationsspiel oder Eins-gegen-Eins-Situationen (mit Ausnahme von Ross Barkley), um den Spurs-Beton zum Bröckeln zu bringen, waren Mangelware.

Immer diese Konter
Auch der zweite Treffer der Spurs fiel durch einen Konter. Barry ist aus unerfindlichen Gründen im Mittelfeld zu lange am Ball. Ein Blick auf die Uhr verrät, dass die Nachspielzeit nur noch 15 Sekunden gehen sollte. Insofern zwei Möglichkeiten: Der Sicherheitspass nach hinten, den Kane aber durch geschicktes Anlaufen antizipiert, oder ein langes Zuspiel in die Spitze um entweder noch eine Chance zu kreieren, aber zumindest keine Gefahr mehr vor dem eigenen Tor zuzulassen. Folglich verliert der ehemalige Nationalspieler die Kugel an den aggressiven Kane. Und dann geht’s wieder schnell. Kane, Soldado, Eriksen, Lennon (mit Ball) und Mason sprinten im höchsten Tempo auf das Innenverteidigerduo Distin-Jagielka. Die breit stehenden und aufgezogenen Baines (links) und Coleman können nicht mehr eingreifen. Die Spurs nutzen die Überzahl und Soldado netzt zum ersten Mal seit März.

Planlos
Der Vorsprung spielt Tottenham in die Karten. Im zweiten Durchgang lässt Mauricio Pochettino die beiden Viererketten den Gegner erst 30 Meter vor dem eigenen Gehäuse attackieren. Der zu bespielende Raum wird für ideenarme Toffees umso enger. Der Ire McGeady und Everton-Urgstein Osman sollen für frischen Schwung sorgen, spielen aber zusammen in der verbleibenden halben Stunde 32 Pässe. Zwar finden 27 davon ihren Adressaten, im Angriffsdrittel werden davon allerdings nur vier in Richtung Tor und zu einem Mitspieler gespielt. Insgesamt gehen sogar 12 Zuspiele zurück. 


Ein weiteres Beispiel ist die Schussbilanz der Toffees. Von den insgesamt zehn Schüssen wurden nur drei innerhalb des Strafraumes abgefeuert. Sturmspitze Lukaku zog zwei von dreimal von zwanzig Meter oder einer noch ferneren Distanz ab. Im Strafraum gelang dem Belgier nur ein Abschluss. Der rote Strich beinahe ins Seitenaus war im übrigen der einzige „Torschuss“ von Samuel Eto'o.

 


Conclusio
Die Spurs mit der reiferen Spielanlage. Trotz des frühen Rückstandes ließen sie sich nicht beirren und vertrauten auf ihre Stärken. Das überfallartige Umschaltspiel nach Balleroberung, was unpopulär ausgedrückt nichts anderes als Kontern ist, kam hervorragend zur Geltung. In Halbzeit Zwei hatten die Spurs nicht zu befürchten, Everton zahnlos und lahm wie ein alter Dackel. Im Gegenteil hatte Tottenham durch weitere Konter über Kane und den eingewechselten Lamela eine noch höhere Führung am Fuß.

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